Wirecard – Das absolute Value-Growth Schnäppchen?

Wirecard - Das absolute Value-Growth Schnäppchen

Die Wirecard sieht von den Zahlen Top aus, doch ist in der letzten Woche wieder stark gefallen. Was der Grund war und ob Wirecard ein fanatstisches Value-Growth Schnäppchen ist, das zeige ich in dieser Analyse.

Geschäftsmodel

Die Wirecard AG ist ein weltweit tätiger, im DAX notierter Internet-Technologie- und Finanzdienstleister mit Hauptsitz in Aschheim im Landkreis München. Das Unternehmen bietet seinen Kunden Dienstleistungen rund um den elektronischen Zahlungsverkehr und Risikomanagement sowie die Ausgabe und Verarbeitung von physischen und virtuellen Karten. Noch spezifischer gesagt ist Wirecard als Acquirer tätig. Zu erklären was Acquiring ist, würde einen ganzen eigenen Artikel füllen, daher verweise ich an dieser Stelle auf die Wikipedia-Seite.

Das Geschäftsmodel ist insofern sehr attraktiv, dass digitale Zahlungsabwicklung extrem stark wächst und man lediglich einen Fixkostenblock hat. Jeder neue Umsatz durch gewonnene Kunden nach der Deckung der Fixkosten, wandert daher fast vollständig in den Gewinn. Das erklärt auch die sehr hohen Margen Wirecards.

Quelle: Aktienfinder.net

Weshalb ist Wirecard abgestürzt?

Am 30. Januar 2019 stürzten die Wirecard-Aktien erstmals ab, nachdem die Financial Times berichtete, dass ein leitender Angestellter der “Kontenfälschung” und “Geldwäsche” in den asiatisch-pazifischen Operationen des Unternehmens verdächtigt wurde. Wirecard gab eine Erklärung heraus, die den Bericht als “falsch, ungenau, irreführend und verleumderisch” bezeichnete. Wirecard kündigte außerdem eine Klage gegen die Financial Times wegen “unethischer Berichterstattung” und eine Klage wegen Marktmanipulation an.

Die Staatsanwaltschaft München I hat im Februar 2019 ein Ermittlungsverfahren gegen den Financial Times-Journalisten Dan McCrum wegen angeblicher Verstöße gegen das Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) eingeleitet. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht BaFin untersagte am 18. Februar 2010 den Leerverkauf von Wirecard-Aktien. Nach Ansicht der BaFin soll die Maßnahme nicht dazu dienen, in der Kontroverse zwischen Wirecard und der Financial Times Partei zu ergreifen. Am 15. Oktober 2019 veröffentlichte die Financial Times Dokumente, die sie als Wirecard-interne Tabellenkalkulationen für die Buchhaltung bezeichnete.

Im Jahr 2019 wurde KPMG von der deutschen Zahlungsverkehrsgesellschaft mit einer unabhängigen Prüfung beauftragt, um den genannten Vorwürfen nachzugehen. Wirecard behauptet, dass KPMG zu dem Schluss kam, dass bei der Prüfung keine Diskrepanz festgestellt wurde. Am 28. April 2020 stürzte die Wirecard-Aktie jedoch um 26% ab, als ihr Wirtschaftsprüfer bekannt gab, dass er keine ausreichenden Unterlagen erhalten habe, um allen Vorwürfen von Unregelmäßigkeiten in der Rechnungslegung nachzugehen. So habe man beispielsweise Dokumente lediglich digital und nicht als Original erhalten oder Kontaktpersonen sind teilweise nicht zu Meetings erschienen.

Dieses Verhalten ist eines DAX-Konzerns nicht würdig und gerechtfertigt auch meiner Meinung nach definitiv einen hohen Abschlag!

Sind die Zahlen von Wirecard falsch?

Dies ist weiterhin möglich, da KPMG keine Originale prüfen konnte und der Geschäftsbericht 2019 weiter verschoben wird, zeigt Indizien, das hier etwas nicht mit rechten Dingen zugeht. Gerade den Gewinn kann man als Finanzunternehmen stark steuern und als weltweit tätiger Konzern mit einer mangelhaften Compliance kann es definitiv passieren, das in irgendwelchen Tochtergesellschaften Angestellte ein paar dubiose Dinge drehen.

Quelle: Aktienfinder.net

Eine Sache die schwerer zu manipulieren ist, sind liquide Mittel und freie Cashflows. Ein Prüfer kann in der Regel Bankkonten einsehen und somit feststellen, ob tatsächlich Geld in der von Wirecard gebuchten Menge auf das Konto geflossen ist. Tja und Wirecard erzeugt nun mal eine Menge freien Cashflow und hat eine starke Bilanz mit einem hohen Anteil liquider Mittel.

Quelle: Aktienfinder.net

Ein weiterer Anreiz für den CEO Markus Braun, das Vertrauen des Marktes wieder zu gewinnen und dafür zu sorgen das die Wirecard Erfolgsgeschichte weiterläuft, ist seine Beteiligung von 7,05% am Unternehmen. Nach dem jüngsten Kursabsturzes hat man jetzt neun Projekte vorgestellt, mit denen Compliance- und Kontrollmaßnahmen eingeführt werden. Zudem möchte man sich von allen Drittpartnern trennen, welche für Wirecard im Ausland die Zahlungslizenz stellen und einen hohen Anteil an der Intransparenz Wirecards haben. Dies soll weder Gewinn noch Umsatz schmälern, da Wirecard die Partnerschaften mit eigenen Lizenzen innerhalb von 2 Jahren ersetzen möchte. Ein 2019 in Deutschland implementiertes neues IKS (Internes Kontrollsystem) soll weltweit ausgerollt werden. Des Weiteren soll die Compliance-Abteilung von 100 auf 160 Stellen wachsen.

Ist Wirecard nun ein Value-Growth Schnäppchen?

Wie bereits gesagt, ist ein deutlicher Abschlag definitiv gerechtfertigt. Selbst wenn alle Zahlen korrekt sind, ist dieses Berichtswesen unter aller Sau. Dennoch ist der Abschlag schon wieder so groß, dass Wirecard interessant ist. Akutell hat Wirecard ein KGV von 16. Selbst wenn man annimmt, die hälfte aller Gewinne existieren nicht, haben wir immer noch ein KGV von 32, was für ein Unternehmen mit 37,7% Umsatzwachstum, 38,4% EBITDA-Wachstum und 60% Free Cashflow Wachstum immer noch fair ist. Im Vergleich zum europäischen Wettbewerber Adyen ist man damit sogar immer noch günstig, die Niederländer haben nämlich ein KGV von 104! Eine Wirecard mit einem derartigen KGV stünde bei 559€. Selbst der französische altbackene Zahlungsabwickler Ingenico hat ein KGV von 24, was bei Wirecard einen Kurs von 129€ entspräche.

Quelle: Aktienfinder.net

Das sind natürlich alles Schönrechnungen. Das Schicksal von Wirecard hängt vollkommen von der zukünftigen Transparenz ab.

Fazit

Chancen zum aktuellen Preis sind aber definitiv gegeben, weshalb auch ich eine erste kleine Position eröffnet habe. Letztendlich brauch man für Wirecard aber starke Nerven, da ich in den nächsten 1-3 Jahren weiterhin eine Achterbahnfahrt im Kurs erwarte.

Update 18.06.2020

Leider ist der schlimmst mögliche Fall eingetreten: 1,9 Mrd. Euro fehlen. Das ist aber nicht direkt das Problem und habe ich ja auch in meiner Analyse mit einbezogen. Mein Fehler war allerdings, dass ich Konsequenzen nicht bedacht habe. Dadurch das kein Geschäftsbericht vorgelegt werden kann, können Kreditgeber ihre Kredite kündigen. Das wiederum kann zur Insolvenz der Wirecard führen. Aus diese Grund habe ich meine Aktien mit knapp 50& Verlust verkauft.

Quellen: Wirecard Investor Relations, Wikipedia, Aktienfinder.net

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4 Kommentare bei „Wirecard – Das absolute Value-Growth Schnäppchen?“

  1. wer hat keine Leichen im Keller – wirecard war falsch beraten nicht rechtzeitig bekannte Defizite zu beseitigen – das Geschäftsmodell ist 1 a mit Herrn Braun, der sich künftig mehr um die Innovationen kümmern wird, neue gute Vorstandsmitglieder sind gefunden und alles wird gut – das Vertrauen zu Investoren muss wieder aufgebaut werden, aber Gier und Erfolg heilt fast alle Wunden – Kursziel mittelfristig 180.- EUR, da wirecard völlig unterbewertet ist

  2. Hilfe, ich beginne erst mit Aktienhandel und habe nun eine Frage zum KGV von 16.
    Ich habe KGV so verstanden: Kurs +/- 87 dividiert durch Gewinn pro Aktie (3.9) ergibt bei mir 22.4
    Wie rechnet sich der KGV 16?
    Merci aus der Schweiz für die Erklärung

    1. Genau das KGV berechnet sich, indem man den Kurs durch den Gewinn dividiert. Im aktuellen Marktumfeld kann das ganz schön schwanken, wenn sich die Gewinnprognosen und der Aktienkurs bewegen. So sind die Analystenschätzungen laut dem Aktienfinder für 2019 4,36€ und für 2020 5,59€ je Aktie. Da man in der Regel nach dem erwarteten KGV für das nächste Geschäftsjahr geht, rechnet man 87/5,59=15,56.

  3. Super, merci vielmals für die Erklärung!

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